Das Wasserkraftwerk Oldau

Ein Blick hinter die Kulissen des Wasserkraftwerks Oldau

Bereits 1899 beschäftigte man sich in Celle mit der Frage, ob es nach der Erfindung des Gasglühlichts überhaupt erforderlich sei, elektrisches Licht einzuführen. Damals wurde diese Frage noch mit einem deutlichen Nein beantwortet. Doch obwohl diese ersten Vorstöße scheiterten, war der Siegeszug der elektrischen Energie nicht aufzuhalten. Einer der Gründe, warum man sich dem auch in Celle irgendwann nicht mehr verschließen konnte, war die Brandgefahr, die von den Gaslaternen in der Stadt ausging. „Bei den Fachwerkhäusern gab es zum Beispiel die Auflage, dass während der Sommermonate jeder Hausbesitzer ein Fass mit Löschwasser vor der Tür stehen haben musste. Auch die Gräben in Celle, etwa der Stadtgraben, waren angelegt worden, damit jederzeit Löschwasser zur Verfügung stand“, weiß Elektromeister Peter Kampe, der für den Heimatverein Hambühren Führungen im Wasserkraftwerk Oldau anbietet. „Auch offenes Licht und das Benutzen von Schusswaffen in der Stadt waren wegen der Brandgefahr verboten. Ein Feuerausbruch war damals eine der größten Ängste, die man in der Stadt hatte.“ Somit war die Elektrifizierung von großem Interesse, denn auch die Gaslaternen waren nun mal potenzielle Gefahrenquellen. Also wurde im Mai 1905 einstimmig beschlossen, in der Hafenstraße ein gemeindeeigenes Elektrizitätswerk zu errichten. Ende 1906 waren bereits 200 Abnehmer ans Stromnetz angeschlossen und ein Jahr später musste das Elektrizitätswerk seine Leistung erweitern. Dazu trug neben den steigenden Anschlusszahlen auch der im Herbst 1907 aufgenommene Betrieb einer elektrischen Straßenbahn bei. Nur vier Jahre nach seiner Inbetriebnahme stellte Celles erstes Elektrizitätswerk seine Produktion wieder ein und wurde stattdessen zum zentralen Stützpunkt der innerstädtischen Verteilung des elektrischen Strom.

1908 hatte die Königlich Preußische Regierung die Kanalisierung der Aller von Celle bis zur Leinemündung beschlossen. Von den vier Staustufen eigneten sich Marklendorf und Oldau für die Stromerzeugung. Ab Mai 1909 lieferte ein neu errichtetes Dampfkraftwerk in Oldau Strom ins Ölgebiet nach Wietze.

1910 begann man mit dem Bau des Wasserkraftwerks, ausgestattet mit drei Francis-Schachtturbinen. Im Jahr darauf wurde es in Betrieb genommen. Seine Leistung von 300 kW bei einer Höchstleistung von 420 kW entsprach damals der Stromversorgung von etwa 200 Haushalten.

1926 wurde ein Umspannwerk gebaut, um den Strom, der heute noch bis in die Landkreise Lüchow und Uelzen geliefert wird, mit möglichst wenig Verlust über die Strecke zu transportieren. Dort wurde die Spannung damals auf 60.000 Volt hochtransformiert.

1972 legte der damalige Besitzer Preußenelektra das Wasserkraftwerk aus Kostengründen still, es sollte abgerissen werden. Doch zum Glück wurde der Abbruch des Gebäudes 1974 durch eine Verfügung des Regierungspräsidenten in Lüneburg untersagt und die Anlage zum technischen Denkmal erklärt. Somit steht heute in Oldau das einzige Wasserkraftwerk der Bundesrepublik Deutschland, das in seinem ursprünglichen Zustand erhalten geblieben ist.

1982 wurde das stillgelegte Wasserkraftwerk wieder in Betrieb genommen. Damals liefen drei Francisturbinen, jeweils 30 Zentimeter höhenversetzt, um bei jedem Wasserstand arbeiten zu können.

Seit 1992 betreibt die Aller-E-Werk GmbH das historische Wasserkraftwerk. Seither wurde mit Genehmigung der Denkmalschutzbehörde einiges in dem Gebäude modernisiert und historische Teile ausgebaut. Die defekte Francisturbine 1 wurde ersetzt und durch einen Treibriemen mit einem externen Generator verbunden.

2009 wurde die defekte Turbine 2 mit dem Kammrad ausgebaut und ist nun im Außenbereich in einem Pavillon ausgestellt. Nach der erfolgreichen Modernisierung arbeitet das Wasserkraftwerk heute nur noch mit zwei Turbinen und liefert eine jährliche Energiemenge von 2,5 bis 3 Millionen Kilowattstunden.

Bis 1972 erfolgte die Regulierung der Turbine übrigens von Hand – „und nach Gehör“, wie Peter Kampe erzählt. Die Schalttafel mit dem Synchronoskop befindet sich nämlich am anderen Ende der riesigen Halle. Ein Video, das auf der Webseite des Heimatvereins zu finden ist, vermittelt einen anschaulichen Eindruck vom Arbeitsalltag im Wasserkraftwerk in früheren Zeiten.

Die Führungen am historischen Wasserkraftwerk in Oldau werden vom Heimatverein Hambühren e. V. übernommen. Termine können über Peter Kampe vereinbart werden. Per E-Mail: besichtigung@heimataller.de oder unter der Mobilnummer 0177/56 23 369.

Dieser Text stammt von Frau Kirsten Glatzer
den der Heimatverein mit ihrer freundlichen Genehmigung
hier veröffentlichen darf.